Der Lebensweg der hl. Schwester Faustina
Der Lebensweg der hl. Schwester Faustina umfasst die Ortschaften und die wichtigsten Orte, an denen sich die Apostlin der Barmherzigkeit Gottes aufhielt. Sie werden von Pilgern besucht, um an den Orten, die von ihrer Gegenwart gezeichnet sind, zu weilen und um eine Begegnung mit der Heiligen, mit ihrer Gotteserfahrung und ihrem Lebensvorbild zu erleben.
Landkarte
Der Lebensweg der Schwester Faustina umfasst – Menü:
1 Głogowiec – Świnice
2 Aleksandrów Łódzki
3 Łódź
4 Ostrówek, Gemeinde Klembów
5 Warschau
6 Skolimów
7 Krakau
8 Kiekrz
9 Płock – Biała
10 Częstochowa (Tschenstochau)
11 Wilna
12 Walendów – Derdy
13 Rabka
1. GŁOGOWIEC – ŚWINICE
Głogowiec
An der Grenze zwischen Großpolen und Masowien, in der Gegend von Łęczyca, Gemeinde Świnice Warckie, befindet sich das Dorf Głogowiec. Hier kauften Marianna und Stanisław Kowalski der Familie Olejniczak einige Morgen Ackerland ab und bauten im Jahre 1900 ein bescheidenes einstöckiges Haus und Wirtschaftsgebäude mit dem für diese Gegend charakteristischen weißen Klinkerstein. Im Haus gab es nur eine Stube, eine Diele und die Küche, die im Winter auch als Tischlerwerkstatt des Vaters diente. In diesem kleinen, engen, aber eigenen Haus kamen neun Kinder zur Welt, darunter die Prophetin unserer Zeit, die der Welt die Botschaft der Barmherzigkeit brachte.
Die Familie Kowalski unterhielt sich von der kleinen Landwirtschaft und der Tischlerarbeit des Vaters. Auch wenn es zu Hause sehr bescheiden zuging und für viele Dinge kein Geld da war, fehlte es nicht an den Dingen, die für das geistige Leben notwendig waren: im Mittelpunkt der Stube befand sich ein kleiner Altar mit einem Kreuzbild und zwei Fayencefiguren des Herzens Jesu und Marias, Heiligenbilder an den Wänden und eine kleine Büchersam- mlung mit religiöser Literatur. Gott kam in diesem Haus an erster Stelle, was sich nicht nur in seiner Ausstattung ausdrückte, sondern vor allem im alltäglichen Familienleben: in Gebet, Arbeit und Lebenszeugnis der Eltern. In einer solchen Atmosphäre wuchs die kleine Helena auf, die aus dem Elternhaus nicht nur die Geschick zur Arbeit mitbekam, sondern auch, und vielleicht vor allem, den Glauben, die Liebe zu Gott und zum Mitmenschen.
Heute befindet sich das Elternhaus der hl. Schwester Faustina im Besitz der Pfarrei. Es beherbergt ein Museum, die dem Gegenstände zusammengetragen wurden, die die Atmosphäre jener Zeit und des Lebens der Familie Kowalski spiegeln sollen. Die Wirtschaftsgebäude und das Gelände um das Haus wurden für die Unterbringung von Pilgern umgebaut.
Świnice Warckie
Von Głogowiec zur Pfarrkirche in Świnice Warckie waren es ungefähr 2 Kilometer. Diese alte Pfarrei zählt mehr als 700 Jahre. Ihr Gründer, der Stifter der ersten Kirche und des ganzen Dorfes, war der Gnesener Erzbischof Jakub Świnka, eine der berühmtesten Gestalten des Mittelalters. Während der Fehden der polnischen Teilherzogtümer wurde er als Verteidiger des Polentums berühmt, weil er dem Klerus Anweisung gab, die Predigten und Gebete mit dem Volk in der Muttersprache abzuhalten.
Die erste Erwähnung von Świnice stammt aus dem Jahre 1301. Das in der Nähe von Handelsstraßen gelegene Dorf muss sich ziemlich dynamisch entwickelt haben, weil es bereits 1458 als Stadt bezeichnet wurde, die sich des Stammwappens von Jakub Świnka bediente, das in vielen Ländern Europas bekannt war. Dieses Wappen stellt die Hand eines Mädchens im Maul eines Wildschweins dar, und die Legende besagt, dass dieses Mädchen eine Sarmatin war, die in Rom für den christlichen Glauben dazu verurteilt worden war, dem Tier zum Fraß vorgeworfen zu werden, ihm aber das Maul auseinanderriss und auf diese Weise sein Leben rettete. Ab- gesehen von dieser Erwähnung tritt Świnice stets als Dorf auf. Im 19. Jahrhundert wurde dem Namen der zweite Teil, Warckie, hinzugefügt, wegen des nahe gelegenen Flusses Warta (Warthe) und der Zugehörigkeit zum Kreis Warta. Das Dorf gehörte bis Anfang des 16. Jahrhunderts den Gnesener Erzbischöfen, später einigen Adelsgeschlechtern, unter anderem den Familien Byszewski, Umiński, Świnicki und Zaręba.
Die erste hölzerne Kirche St. Gotard wurde vermutlich bereits im Jahre 1300 aus einer Stiftung des Erzbischofs Jakub Świnka errichtet. 1592 wurde sie durch eine neue, auch aus Holz gebaute Kirche ersetzt, 1828 schließlichwurde die dritte Kirche gebaut, die einige Tage nach der Weihe mitsamt Pfarrhaus, Glockenturm, Altersheim und Wirtschaftsgebäuden abbrannte. Von da an wurde Świnice für 30 Jahre der Nachbargemeinde angeschlossen, und vor Ort gab es nur eine kleine Kapelle.
Die heutige Kirche des hl. Prinzen Kazimierz, die vom damaligen Eigentümer von Świnice, Kazimierz Karwowski, und den Pfarreiangehörigen gestiftet wurde, stammt aus dem Jahre 1859. Im Chorraum und im einschiffigen Innenraum der Kirche gibt es drei Barockaltäre. Im Hauptaltar befindet sich heute ein Bild des Barmherzigen Jesus (eine Schenkung des Vereins „Faustinum”), das Bild der Muttergottes von Tschenstochau, das hier früher hing, wurde in den linken Seitenaltar umgehängt. Im rechten Seitenaltar wurde ein Bild der hl. Schwester Faustina aufgehängt, während das Bild des Schutzpatrons der Kirche, des hl. Kazimierz seinen Platz im oberen Teil dieses Altars fand. Beim Altar befinden sich ein Reliquiar der hl. Schwester Faustina und das Taufbecken, an dem sie getauft wurde.
In dieser Kirche betete Helena Kowalska, hier nahm sie an der Eucharistie teil, an den Andachten mit der Aussetzung des Allerheiligsten Sakraments und hier ging sie zur Beichte. Der Beichtstuhl, ein stummer Zeuge ihrer kindlichen Begegnungen mit Gott in diesem Sakrament der Barmherzigkeit, ist erhalten geblieben. Als sie 7 Jahre alt war, erlebte sie in dieser Kirche während der Vesperandacht zum ersten Mal in spürbarer Weise die erbarmende Liebe Gottes, was sie nach Jahren als Aufruf zum Dienste Gottes interpretierte. Als sie als Ordensfrau ihre schwer kranke Mutter besuchte, kam sie auch in diese Kirche. Wie gut ich in dieser Kirche beten konnte. Ich entsann mich all der Gnaden, die ich an diesem Ort erhalten hatte, aber damals nicht verstand und oft missbrauchte. Ich wunderte mich, dass ich so blind sein konnte. Als ich so nachdachte und meine Blindheit bedauerte, erblickte ich plötzlich Jesus, leuchtend in unaussprechlicher Schönheit. Er sagte mir voll Güte: „Meine Auserwählte, Ich werde dir noch größere Gnaden erteilen, damit du die ganze Ewigkeit über Zeuge Meiner unendlichen Barmherzigkeit bist” (TB 400).
Nach der Seligund Heiligsprechung der Schwester Faustina wuchs das Interesse an ihrer Heimat. Am 25. Septemer 2002 erhob der Bischof von Włocławek Bronisław Dembowski die Pfarrkirche in den Rang eines Diözensanheiligtums der Taufe und Geburt der hl. Schwester Faustina. Im Jahre 2005 wurde mit dem Ausbau der Kirche begonnen, in deren Nähe die Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit ein kontemplatives Kloster errichtete, damit sich dort ihr Wunsch erfüllen sollte, der Welt die Botschaft von der erbarmenden Liebe Gottes zum Menschen durch Gebet und Opfer zu verkünden.
Sr. M. Elżbieta Siepak ISMM
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Botschaft der Barmherzigkeit, Nr. 61 (2007), S. 10-11
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2. ALEKSANDRÓW ŁÓDZKI
Die Umgebung des Städtchens kann sich einer ziemlich langen und interessanten Geschichte rühmen, ja sogar einer Vorgeschichte, die archäologischen Entdeckungen zufolge ungefähr 6000 Jahre v. Chr. zurückreicht. Uns interessiert die Entstehung der Stadt und ihr Leben zu Beginn des 20. Jahrhunderts, weil sich damals Helena Kowalska dort aufhielt.
Der Stadtgründer war Rafał Bratoszeswki, ein polnischer Adeliger mit dem Wappen Sulima, der um 1798 das Landgut in Brużyca Wielka unweit von Zgierz erwarb und auf dem unfruchtbaren, sandigen und dünn bewaldeten Teil dieser Güter, auf einer Anhöhe an der Straße Zgierz – Lutomiersk, um 1816 eine neue städtische Ansiedlung zu gründen beschloss, die Wollstoffe produzieren sollte. Der vom Gründer engagierte Österreicher Bernard von Schuttenbach fertigte den architektonischen Entwurf einer Webersiedlung an: er steckte einen weitläufigen Marktplatz mit Rathaus und Kirchen aus und ein Netz von rechteckigen Straßen mit einstöckigen Holzhäuschen für die Weber. Im selben Jahr wurde mit dem Bau der katholischen Kirche begonnen, die im Hinblick auf den Schutzpatron des Stifters der städtischen Ansiedlung und Kirche (Rafał Bratoszewski) den Namen des hl. Erzengels Rafael erhielt. Der Bau der Kirche wurde innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen, danach wurde das Rathaus errichtet und nach und nach auch andere öffentliche Gebäude (Fleischbänke), aber auch ein protestanisches Gotteshaus, weil viele deutsche Siedler evangelischen Bekenntnisses und auch Juden nach Aleksandrów kamen.
Am 22. März 1822 verlieh der Verwaltungsrat von Kongresspolen der Siedlung das Stadtrecht und zu Ehren des damals herrschenden russischen Zaren und (in Personalunion) polnischen Königs Alexander I., dem Bezwinger Napoleons, den Namen Aleksandrów. Die Verleihung der Stadtrechte und des Wappens (der Buchstabe „A” auf einer Mauer = Stadt des Alexander) hob den Rang der Siedlung, die sich als Zentrum der Weberindustrie ungeheuer dynamisch entwickelte (schneller als Lódź und Zgierz). Es wurden dort imponierende Mengen von Stoff produziert, mit dem sich die Armee und die lokale Bevölkerung versorgten und der in großem Maßstab exportiert wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts arbeiteten in Aleksandrów in Heimwerkstätten bereits mehr als 200 Tuchmacher, Färber, Leinwandhersteller und Bortenmacher.
Nach dem Tode von Rafał Bratoszewski (1824) kam Aleksandrów dank der Eheschließung einer seiner Töchter, Julia, in den Besitz der Familie Kossakowski, Wappen Dołęga, die sich jedoch um das Wohl der Stadt nicht kümmerte und in ihre Entwicklung nicht investierte, sondern es vielmehr darauf anlegte, aus ihr den größtmöglichen Profit zu ziehen. Auch die historischen Ereignisse, der Einsatz der Bewohner von Aleksandrów im Novemberaufstand 1830/31 und im Januaraufstand 1863/64 trugen zum allmählichen Niedergang der Stadt bei, was den Verlust des Stadtrechts im Jahre 1869 zur Folge hatte.
Als Helena Kowalska nach Aleksandrów kam, zählte es mehr als 8200 Bewohner, davon 34 % Polen, die Katholiken waren, 37 % Deutsche, überwiegenden Protestanten, und 29 % Juden, die in diesem Städtchen mit dem Sitz von chassidischen Rabbinern (Zaddiks) ein wichtiges religiöses Zentrum besaßen. Die Siedlung blieb nach dem Verlust des Stadtrechts nicht so sehr ein Zentrum der Tuchindustrie, sondern vielmehr der Wirkund Strumpfindustrie. Von der Entstehung der Stadt an wurde der Name Aleksandrów Fabryczny oder Łęczycki verwendet, erst nach der Erneuerung des Stadtrechts im Jahre 1924 erhielt sie die Namensergänzung „Łódzki”, die bis heute verwendet wird.
Bei der Familie Bryszewski
Unweit des Marktplatzes, in der Parzęczewska-Straße 30 (heute 1 Maj-Straße 7) kauften die Eheleute Bryszewski ein Anwesen. In dem neuen, von ihnen errichteten Haus führten sie im Erdgeschoss zur Straße hin ein Bäckereigeschäft, im Hof besaßen sie eine Bäckerei, in dem sie einige Mitarbeiter beschäftigten. Neben dem Haus gab es auch einen kleinen Garten, auf dessen Fläche später der zweite Teil des Haus angebaut wurde. Im Jahre 1915 wurde ihr einziger Sohn Zenon geboren, was Hilfe bei der Haushaltsführung und Betreuung des Kindes erforderlich machte. Helena Kowalska kam 1921 zu ihnen auf Empfehlung der Schwester von Frau Bryszewska, Janina Ługowska, die die Familie Kowalski gut kannte, weil sie mit ihrem Mann in dem an Głogowiec angrenzenden Rogowo lebte.
Mama bediente im Laden die Kunden – erinnerte sich Zenon Bryszewski nach Jahren – und Helena putzte, half beim Kochen, musste abwaschen, den Müll wegwerfen und Wasser holen, denn Wasserhähne gab es nicht. Sie gab auch den Angestellten der Bäckerei, die bei den Eltern freie Kost hatten, das Essen. Und wenn es die Zeit erlaubte, dann spielte sie mit mir. Sie muss sehr viel Arbeit gehabt haben, denn es gab im Haus vier Stuben, das Geschäft und die Bäckerei. Darauf, dass Helena frei hatte, wartete der kleine Zenon, der es mochte, wenn sie ihm verschiedene Märchen und Geschichten erzählte, z. B. über einen Erben, der nach dem Tode erschien und den die Leute sahen. Sie saß dann auf der Couch, auf der sie schlief, in der Küche beim Fenster und nahm den kleinen Sohn der Familie Bryszewski auf den Schoß oder er saß auf einem kleinen Stuhl neben ihr und sie sprachen miteinander, genauer gesagt Helena erzählte und Zenon hörte ihr zufrieden zu. Abends knieten alle zum Gebet nieder, und im Oktober wurde obligatorisch der Rosenkranz gebetet.
An Sonnund Feiertagen gingen sie in die Kirche St. Rafael, die damals einschiffig war und keinen Turm hatte. In dieser Kirche empfing Helena Kowalska höchstwahrscheinlich das Sakrament der Firmung, weil in dieser Zeit der Bischof die Pfarrei visitierte und bei dieser Gelegenheit das Sakrament der christlichen Reife erteilte.
Mit dem etwa einjährigen Aufenthalt Helenas bei der Familie Bryszewski verbindet sich ein wichtiges Ereignis, das sich in hohem Maße auf das Heranreifen ihrer Ordensberufung auswirkte. Eines Tages sah sie durch das Küchenfenster, das auf den Hof mit der Bäckerei hinausging, eine große Helligkeit. Da sie nüchtern dachte, meinte sie, es gäbe einen Brand und machte ein großes Geschrei, als die Bäcker gerade das Brot in den Ofen schoben. Die Arbeiter liefen heraus, aber das Ganze erwies sich als Fehlalarm, denn es gab kein Feuer im Hof. Helena nahm sich die Sache jedoch so zu Herzen, dass man einen Arzt holen und dann ihre Eltern benachrichtigen musste. Die beunruhigten Kowalskis schickten ihre älteste Tochter Józefa, die etwas mehr in Erfahrung bringen sollte. Nach diesem Ereignis gefragt, erklärte Helena jedoch nur kurz angebunden, dass sie eine Helligkeit gesehen habe, mehr wollte sie aber nicht sagen. Sie bat nur darum, den Eltern zu sagen, dass sie nicht dumm sei und dass sie nicht mehr lange in diesem Haus bleiben werde. In der Tat kehrte sie kurz darauf nach Głogowiec zurück, um die Eltern um Erlaubnis zu bitten, in ein Kloster eintreten zu dürfen.
Einige Monate nach der Seligsprechung der Schwester Faustina, am 27. September 1993, wurde am Haus der Familie Bryszewski eine Gedenktafel angebracht, die an den Aufenthalt von Helena Kowalska in diesem Haus erinnert und vom Gemeindepfarrer und Verehrern der Barmherzigkeit Gottes gestiftet wurde.
Sr. M. Elżbieta Siepak ISMM
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Botschaft der Barmherzigkeit, Nr. 62 (2007), S. 10-11
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3. ŁÓDŹ
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Die Route der hl. Sr. Faustina in Łódź
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4. OSTRÓWEK, Gemeinde KLEMBÓW
Helena Kowalska kam im Juli 1924 nach Ostrówek. Sie wohnte im Haus der Familie Lipszyc und arbeitete als Haushaltshilfe. Von dort aus machte sie sich auf die Suche nach einem Kloster in Warschau, und hier verdiente sie ein Jahr lang für eine bescheidene Ordensaussteuer. Frau Aldona Lipszyc erinnerte sich, dass Helena die ihr übertragenen Pflichten hervorragend erfüllte. Sie wurde wie ein Familienmitglied behandelt, deshalb fiel ihr nach einem Jahr der Abschied schwer. Sie wurde in diesem Haus immer mit einem Lied in Verbindung gebracht, das sie oft sang: „Den verborgenen Jesus soll ich im Sakrament verehren”.
Die heilige Messe und die Andachten besuchte sie in die Pfarrkirche in Klembów. Im Juni 1925 legte sie dort ein privates Keuschheitsgelübde ab. In ihrem „Tagebuch” beschrieb sie dieses Ereignis folgendermaßen: Es war in der Fronleichnamsoktav. Gott erfüllte meine Seele mit innerem Licht, um Ihn tiefer zu erkennen als höchstes Gut und Schönheit. Ich erkannte, wie sehr mich Gott liebt. Ewig währt Seine Liebe zu mir. Es war zur Zeit der Vesperandacht – in einfachen Worten, die mir aus dem Herzen flossen, legte ich vor Gott das Gelübde der ewigen Keuschheit ab. Von da an fühlte ich eine innigere Verbundenheit mit Gott, meinem Bräutigam. Von da an richtete ich eine kleine Zelle in meinem Herzen ein, in der ich mich immer mit Jesus aufhielt (TB 16).
Die Kirche, in der dieses Ereignis stattfand, stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und wurde in den Jahren 1823-1829 von Gen. Franciszek Zymierski, dem Erben der Güter von Klembów, an der Stelle eines Gotteshauses, das während der Kościuszko-Insurrektion abgebrannt war, im klassizistischen Stil erbaut. Die erste Holzkirche des hl. Klemens stammte aus dem 14. Jahrhundert als Klembów den masowischen Fürsten gehörte. Seit 1862 befand sich in Klembów, das an der Linie Warschau-Petersburg lag, eine Eisenbahnstation.
Das Dorf Ostrówek ist die größte Ortschaft in der Gemeinde Klembów, Wojewodschaft Masowien, Kreis Wołomin). Es liegt 36 km von Warschau entfernt, auf dem Gelände der Ebene von Wołomin, des Warschauer Tals und des Masowischen Tieflandes, inmitten von Wäldern, wo sich das Eichenschutzgebiet „Dębina” befindet. Ostrówek gehörte zur Pfarrei des hl. Klemens in Klembów. Heute hat es eine Pfarrei und eine eigene Kirche Maria Mutter der Kirche, die in den Jahren 1982-1985 erbaut wurde.
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5. WARSCHAU
In dieser Stadt könnte man sogar eine eigene Route der Apostelin der Barmherzigkeit Gottes anlegen, denn mit ihrem Aufenthalt in der Hauptstadt sind nicht nur das Kloster der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit in der Zytnia-Straße und die alte Kapelle der Kongregation, die heutige Pfarrei der Barmherzigkeit Gottes und der hl. Faustina, verbunden, sondern auch andere Orte.
Die überhaupt erste Stelle in Warschau, die die Füße der Heiligen berührten, war der alte Warschauer Hauptbahnhof, heute ein Eisenbahnmuseum (Towarowa-Straße 1). Dort sind u. a. alte Fahrpläne erhalten geblieben, in denen man die Ankunft der Züge aus Lódź nachprüfen kann. Im Laufe des Tages gab es einige solcher Züge, denn sie verbanden das große Industriezentrum Lódź mit der Hauptstadt des Landes. Alles weist darauf hin, dass Helena Kowalska 1924 mit dem Zug nach Warschau fuhr, der den Warschauer Hauptbahnhof fahrplanmäßig um 17.35 Uhr erreichte. Das scheint sich zu bestätigen, weil sie im „Tagebuch” schreibt: Als ich aus dem Zug ausgestiegen war und sah, dass jeder in seine Richtung ging, packte mich Angst – Was soll ich tun? – An wen soll ich mich wenden, ohne irgendwelche Bekannte zu haben? – Ich sagte zur Gottesmutter: „Maria, führe mich, leite mich.” Sofort vernahm ich in meinem Inneren die Worte: Ich soll aus der Stadt heraus in ein gewisses Dorf fahren, dort werde ich eine sichere Übernachtung finden, was ich auch tat und alles so fand, wie die Gottesmutter es mir gesagt hatte (TB 11). Es musste schon die Abendzeit sein, weil die Muttergottes sie zu einer sicheren Übernachtung in ein Dorf leitete.
In der St. Jakobuskirche
Am nächsten Tag früh am Morgen – schrieb sie im „Tagebuch” – traf ich in der Stadt ein und ging in die erste Kirche, die ich erblickte und bat um den weiteren Willen Gottes. Eine hl. Messe nach der anderen wurde gefeiert. Während einer hl. Messe hörte ich die Worte: „Gehe zu diesem Priester und sage ihm alles; er wird dir sagen, was du weiter tun sollst.” Nach Beendigung der hl. Messe begab ich mich in die Sakristei und berichtete alles, was in meiner Seele vorgegangen war, und bat um einen Hinweis, wo ich eintreten solle, in welches Kloster (TB 12). Der Priester war Jakub Dabrowski, der früher in Klembów tätig gewesen war und sich dort mit der Familie Lipszyc befreundet hatte, die in Ostrówek wohnte. Während des Gesprächs mit Helena Kowalska riet er ihr, bei der Familie Lipszyc unterzukommen, die ein Kindermädchen brauchten und von dort aus nach einem Kloster zu suchen. Er versah sie mit einem Empfehlungskärtchen für seine Bekannten, auf dem er schrieb, dass er das Mädchen nicht kenne, jedoch ein gutes Gelingen wünsche.
Die Kirche des hl. Jakobus in Ochota in der Grójecka-Straße 38 befand sich damals in der ersten Bauphase, die 1918 begonnen wurde, nach der Errichtung der Pfarrei durch den Erzbischof Aleksander Kakowski. Die Kirche mit ihrem charakteristischen Turm auf dem Grundriss eines Quadrats wurde nach einem Entwurf von Oskar Sosnowski im Jahre 1939 beendet. Das Gotteshaus, das im Stil der Neoromanik errichtet wurde, besitzt drei Schiffe. Am Ende der Seitenschiffe befinden sich die Kapelle der Muttergottes und die Kapelle des Allerheiligsten Sakraments. Während des Warschauer Aufstands wurde die Kirche erheblich beschädigt, und während eines Bombenangriffs starb der erste Pfarrer der Pfarrei, Jakub Dąbrowski. Nach dem Krieg wurde die Kirche umgebaut und von Kardinal Stefan Wyszyński geweiht (1960).
Im Kloster in der Żytnia-Straße
Im Juli 1924 gelangte Helena Kowalska in das Kloster der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit in der Żytnia-Straße, und nach einem Gespräch mit der Oberin des Hauses, Mutter Michaela Moraczewska, wurde sie fürs Erste in das Kloster aufgenommen, wegen der fehlenden Aussteuer blieb sie jedoch noch ein Jahr bei der Familie Lipszyc in Dienst. Am 1. August 1925 überschritt sie die Schwelle der Ordensklausur in diesem Haus, das die Wiege der Kongregation war. Hier nämlich hatte M. Teresa Ewa Potocka, eine geborene Fürstin Sułkowska, das erste Haus der Barmherzigkeit gegründet, das am 1. November 1862 von Erzbischof Zygmunt Szczęsny Feliński geweiht wurde. In diesem Kloster verbrachte Schwester Faustina einen Teil ihres Postulats, Juniorats und der dritten Probation; hier machte sie Halt, wenn sie ihre Aufenthaltort änderte oder zu einem Gespräch mit der Generaloberin fuhr.
Im Kloster gab es anfänglich eine hölzerne Kapelle, die sich rasch als zu klein für die Schwestern und Zöglinge erwies, deshalb wurde eine größere aus Stein errichtet, die am 8. Dezember 1873 geweiht wurde. Eben diese Kapelle betrat Helena Kowalska, um den Herrn dieses Hauses zu fragen, ob Er sie aufnehme. Noch zu Lebzeiten der hl. Faustina, vor dem Ausbruch des 2. Weltkrieges, wurde die Kapelle völlig umgebaut und am 6. August 1938 von Bischof Stanisław Gall neu geweiht. 1942 wurde in der Kapelle ein Gemälde des Barmherzigen Jesus von Stanisław Batowski aufgehängt. Während des Krieges brachten die Schwestern der Zivilbevölkerung Hilfe, auch Menschen jüdischer Abstammung, und sie hatten dazu viel Gelegenheit, denn das Kloster befand sich in der Nähe des Gettos. Nach der Niederschlagung des Warschauer Aufstands im Stadtteil Wola wurden die Schwestern und ihre Zöglinge in Lager deportiert und das Kloster und die Kapelle von den Deutschen vollständig niedergebrannt. In der Nachkriegszeit erlaubte die kommunistische Regierung viele Jahre lang nicht, die Kapelle und das Mutterkloster wieder aufzubauen. Kardinal Stefan Wyszyński errichtete am 15. Dezember 1980 mit einem Akt die Pfarrei der Barmherzigkeit Gottes und teilte ihr als Pfarrkirche die ehemalige Kapelle der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit zu. 1998 wurde der Titel der Pfarrei um den Namen der selig und dann heilig gesprochenen Faustina erweitert. Im Chorraum der Kirche befindet sich ein Gemälde des Barmherzigen Jesus, das vor dem Großen Jubliläumsjahr 2000 alle Pfarreien der Erzdiözese Warschau besuchte.
Die Schwestern bauten auch ihr Kloster wieder auf, das weiterhin als Generalhaus der Kongregation und Ausbildungshaus für das Postulat fungiert.
In Grochów
Im Jahre 1929 wurde Schwester Faustina dem zweiten Haus der Kongregation zugewiesen, das gerade in Warschau-Grochów in der Hetmanska-Straße 44 entstand. Dort, am damaligen Stadtrand von Warschau, hatte die Kongregation ein zwei Hektar großes Grundstück erworben, um für die Schwestern und Zöglinge aus der Anstalt in der Zytnia-Straße eine Erholungsmöglichkeit zu schaffen. 1927 wurde ein provisorisches Wohnhaus (eine kleine Baracke) errichtet, später ein Garten und ein Treibhaus eingerichtet. Dabei halfen die örtliche Bevölkerung und der nächste Nachbar, Antoni Dobraczyński. Anfangs hielten sich im Haus in Grochów nur einige Schwestern ständig auf, andere Schwestern und die Zöglinge wohnten dort nur zeitweilig. Im Juni 1929 wurde Schwester Faustina, die gerade die Vertretung in der Küche im Haus der Kongregation in Wilna beendet hatte, zur Arbeit in diesem Haus eingeteilt. Sie blieb jedoch nicht lange in Grochów, weil sie schon am 7. Juli in das Haus der Kongregation in Kiekrz entsandt wurde, um eine kranke Schwester in der Küche zu vertreten. Obwohl sie in diesem Haus so kurz war, gelang es ihr, die Herzen der Zöglinge zu gewinnen, die versprachen, dass sie ihr in das nächste Haus folgen würden. Im „Tagebuch” beschreibt Schwester Faustina auch eine kleine Episode, die mit einer Erholungsfahrt zusammenhängt, die am Weihnachtstag vom Kloster in der Zytnia-Straße dort hin unternommen wurde (TB 42).
Heute führen die Schwestern in der Hetmanska-Straße in Grochów ein Sozialhilfeheim für alleinstehende und ältere Frauen. In der Ordenskapelle befindet sich ein Gemälde des Barmherzigen Jesus von Ludomir Ślędziński aus dem Jahre 1954. Dieser hatte den Wettbewerb gewonnen, der von Prof. Michał Sopoćko organisiert worden war. Das Bild wurde von der Konferenz des Polnischen Episkopats zur öffentlichen Verehrung freigegeben. In der Kapelle des Sozialhilfeheims hingegen fand ein Seligsprechungs- und Heiligsprechungsbild der hl. Schwester Faustina von Helena Tchórzewska seinen Platz.
In der Kapelle der Schwestern der Marienfamilie in der Żelazna-Straße
In der unmittelbaren Nachbarschaft des Klosters der Kongregation der Muttergottes der Barmherzigkeit in der Zytnia-Straße 3/9 befindet sich das Anwesen der Kongregation der Schwestern der Marienfamilie (Eingang von der Zelazna-Straße aus) mit der Kapelle, die man von der Zelazna-Straße aus betritt. In dieser Kapelle betete Schwester Faustina zumindest einmal, nämlich im Jahre 1932, als sie vor den ewigen Gelübden zur dritten Probation nach Warschau fuhr. Seit eineinhalb Jahren hatte ihr Jesus in Offenbarungen die große Sendung der Barmherzigkeit anvertraut: Er hatte sie mit dem Malen eines Bildes und der Einsetzung eines Festes der Barmherzigkeit in der ganzen Kirche beauftragt. Schwester Faustina, die im Kloster bis dahin die Pflichten einer Köchen erfüllt hatte, fühlte sich außer Stande, diesen gerecht zu werden und wollte ihnen deshalb aus dem Wege gehen. Als bei den Franziskanerinnen der Familien Mariens Anbetung war – berichtet sie im „Tagebuch” über ihren Aufenthalt in der Kapelle der Schwestern der Marienfamilie – ging ich am Abend mit einer unserer Schwestern zu dieser Anbetung. Sogleich als ich die Kapelle betreten hatte, wurde meine Seele von Gottes Anwesenheit erfüllt. Ich betete, wie schon manchmal, ohne Worte. Plötzlich erblickte ich den Herrn, der zu mir sprach: „Sei dir bewusst, wenn du die Sache mit dem Malen des Bildes vernachlässigst und das ganze Werk der Barmherzigkeit, wirst du am Tag des Gerichts für eine große Anzahl von Seelen Rechenschaft ablegen müssen.” Nach diesen Worten des Herrn überkam meine Seele Furcht und Angst. Ich konnte mich nicht selber beruhigen. Die Worte klangen nach, dass ich nicht nur mich selbst zu verantworten habe am Tag des Gottesgerichts, sondern auch andere Seelen. Diese Worte drangen tief in mein Herz ein. Als ich heimkehrte, ging ich noch zur kleinen Kapelle, fiel vor dem Allerheiligsten Altarsakrament auf mein Antlitz und sagte zum Herrn: „Ich will alles tun, was in meiner Macht ist, doch bitte ich Dich, bleibe immer bei mir und gib mir die Kraft, um Deinen hl. Willen zu tun, denn Du vermagst alles, aber ich kann nichts aus mir selbst (TB 154).
Sr. M. Elżbieta Siepak ISMM
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Botschaft der Barmherzigkeit, Nr. 65 (2007), S. 10-11
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6. SKOLIMÓW
In diesem Vorort von Warschau hielt sich Schwester Faustina als Postulantin zu Beginn ihres Aufenthalts in der Kongregation auf. Die Oberinnen hatten sie dort hin zusammen mit zwei Schwestern zu einem kurzen Aufenthalt zur Wiederherstellung der Gesundheit geschickt. In dieser Ortschaft hatte die Kongregation eine Villa gemietet, die für die Erholung der Schwestern und Zöglinge bestimmt war. Heute lässt sich das Haus, in dem sich Schwester Faustina aufhielt, nur schwer lokalisieren, die Pfarrkirche erinnert jedoch an ihre Gegenwart, weil sie dort an der täglichen Eucharistie teilnahm. Aus der Zeit des Aufenthalts in Skolimów erinnerte sich Schwester Faustina noch als Helena Kowalska an die Vision eines Fegefeuers, dessen Beschreibung sie in ihrem „Tagebuch” (TB 20) hinterließ.
Skolimów ist ein früheres Ritterdorf aus dem 15. Jh., gegenwärtig ein Stadtteil von Konstancin-Jeziorny in der Wojewodschaft Masowien, im Kreis Piaseczno. Das Dorf hatte den Charakter einer Sommerfrische, auf deren Waldparzellen an sandigen Straßen inmitten von Bäumen schöne Villen errichtet wurden. Zu Beginn des 20. Jh. (1903) wurde auch die Kirche der Muttergottes der Engel errichtet, die von den Grundbesitzern der umliegenden Villen gestiftet wurde: nicht nur Katholiken, sondern auch Protestanten bzw. Israeliten.
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7. KRAKAU
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Die Route der hl. Sr. Faustina in Krakau
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8. KIEKRZ
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9. PŁOCK – BIAŁA
In Płock
Auf den Spuren der hl. Schwester Faustina gelangen wir nach Płock, die Stadt, in der ihre große prophetische Sendung begann. Sie kam im Mai oder Juni 1930 in das Kloster der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit am Alten Marktplatz 14/18. Hier führten die Schwestern die in dieser Stadt bekannte Anstalt „Schutzengel”, in der „gefallene” Mädchen, wie man damals sagte, erzogen wurden. Die Anfänge des Dienstes der Barmherzigkeit an diesem Orte verbinden sich mit Mutter Kolumba Łabanowska und dem sel. Bischof Antoni Julian Nowowiejski, der noch als Kaplan eine Anstalt für arme Mädchen und die Kongregation der „Liebe Gottes” (ohne Ordenstracht) gegründet hatte, die dort die erzieherische Arbeit übernehmen sollte. Dieses Institut verband sich 1899 mit der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit, die in dieser Arbeit viel Erfahrung besaß, und von da an entwickelte sich die Anstalt „Schutzengel” sehr positiv. Es gab dort anfangs 50 Büßerinnen, und als die Filiale des Hauses in Biała bei Płock eröffnet wurde sogar mehr als 100 Mädchen, die je nach ihrer Begabung unter der Leitung der Schwestern in der Wäscherei, Nähwerkstatt, Stickerei- werkstatt oder im landwirtschaftlichen Betrieb in Biała arbeiteten. Das Leben der Schwestern und der Zöglinge drehte sich um Gebet und Arbeit, die nicht nur die Hauptquelle für den Unterhalt der Anstalt darstellte, sondern auch ein wichtiges Erziehungsmittel war, das die Mädchen auf ein würdiges Leben in der Gesellschaft vorbereitete. Die Anstalt erfreute sich der Anerkennung der Kirche, der Stadtbehörden und der Bewohner von Płock. Ein großer Gönner und Freund des Hauses war der Erzbischof Julian Nowowiejski, wovon u. a. sein unter dem Titel „Die Geschichte des Instituts der Muttergottes der Barmherzigkeit” erschienenes Buch zeugt. 1918 wurden das Kloster und die Anstalt „Schutzengel” am Alten Marktplatz vom Apostolischen Visitator Achille Ratti besucht, dem späteren Papst Pius XI.
In dieses Kloster sandte die Generaloberin Michaela Schwester Faustina, wobei sie sie zur Arbeit im Laden der Bäckerei bestimmte. Die Umstände fügten sich so – erklärte sie die häufigen Versetzungen – dass man Schwester Faustyna oftmals an immer andere Stellen versetzen musste, so dass sie fast in jedem Haus der Kongregation arbeitete. Und so wurde sie, nach einem kurzen Aufenthalt in Warschau, in der Żytnia-Straße, und in Grochów wieder nach Płock versetzt, und von dort aus für kurze Zeit nach Biała, das eine landwirtschaftliche Außenstelle des Hauses in Płock ist. Ihre Hauptaufgabe in Płock war, bis zum Zeitpunkt ihrer dritten Probation, die Arbeit im Laden beim Verkaufen von Gebäck aus der örtlichen Bäckerei. In diesem Geschäft kauften viele Bewohner von Płock täglich ihr Gebäck, und sie wurden von Schwester Faustina überaus freundlich bedient. Manche von ihnen erinnerten sich noch nach vielen Jahren an die guten Brötchen und das Brot aus der Hand der Schwester. Wenn es nötig war, vertrat Schwester Faustina auch Schwestern in der Küche oder in der Bäckerei, was deren Erinnerungen bezeugen.
Das Kloster der Kongregation liegt an der Weichsel, im alten Teil der Stadt, deren reiche Geschichte in das 10./11. Jh. zurückreicht. Schon damals wurde hier eine hölzerne Burg erbaut, die in der frühen Piastenzeit ein Verwaltungszentrum war. Im Jahre 1075 wurde die Diözese Płock errichtet und 1144 die Kathedralkirche erbaut, in der die polnischen Herrscher Władysław Herman und Bolesław Krzywousty (Schiefmund) beigesetzt sind. In der Vorhalle der Kathedrale befindet sich eine Kopie der berühmten Płocker Bronzetür, die 1154 in Magdeburg geschaffen wurde. Von der Geschichte dieser Stadt sprechen die Mauern des Herzogsschlosses aus dem 14. Jh. und die Benediktinerabtei. Am Marktplatz und in den alten Straßen gibt es viele historische Bürgerhäuser mit dem repräsentativen Rathaus, das der Schauplatz der letzten Sitzung des Sejms des Polnischen Königreichs 1831 war und bis heute der Sitz der Stadtbehörden ist. Einen gotischen Stammbaum hat auch die Pfarrkirche St. Bartholomäus aus dem Jahre 1356, die in der Vergangenheit mehrfach umgebaut wurde. Als sie nach dem Abrutschen der Anhöhe teilweise in die Weichsel stürzte, wurde das Gebäude gekürzt und von der Seite des Marktplatzes ein Eingang im Barockstil angebaut. Man kann vermuten, dass auch die hl. Schwester Faustina diese Orte in Płock aufsuchte, denn die Schwestern aus dem Haus am Alten Marktplatz nahmen an den Feierlichkeiten in der Kathedrale und in der Pfarrkirche teil, die für sie die Pfarrkirche war. Von den Fenstern ihrer Zelle aus konnte sie dagegen die berühmte „Machowianka” sehen, die älteste Oberschule in Polen, die 1180 gründet wurde. In den unterirdischen Gewölben des mittelalterlichen Gebäudeflügels befindet sich ein Schulmuseum mit Überresten der romanischen und gotischen Architektur, im gotischen Turm ein astronomisches Observatorium.
In dieser Stadt, im Kloster am Alten Marktplatz, fand ein für den Kult der Barmherzigkeit Gottes historisches Ereignis statt, nämlich die erste Offenbarung des Barmherzigen Jesus, die die öffentliche Sendung der Schwester Faustina begründete. Über dieses Ereignis schrieb sie in ihrem „Tagebuch”: Am Abend, als ich in der Zelle war, erblickte ich Jesus, den Herrn, in einem weißen Gewand. Eine Hand war zum Segnen erhoben, die andere berührte das Gewand auf der Brust. Von der Öffnung des Gewandes an der Brust gingen zwei große Strahlen aus: ein roter und ein blasser. Schweigend betrachtete ich den Herrn; meine Seele war von Furcht, aber auch von großer Freude durchdrungen. Nach einer Weile sagte Jesus zu mir: „Male ein Bild, nach dem, was du siehst, mit der Unterschrift: Jesus ich vertraue auf Dich. Ich wünsche, dass dieses Bild verehrt wird, zuerst in eurer Kapelle, dann auf der ganzen Welt. Ich verspreche, dass jene Seele, die dieses Bild verehrt, nicht verloren geht. Ich verspreche auch, hier schon auf Erden, den Sieg über Feinde, besonders in der Stunde des Todes. Ich selbst werde sie verteidigen, wie meine Ehre” (TB 47-48). An dieses Ereignis erinnert die Statue des Barmherzigen Jesus, die an der Stelle des früheren Hofgebäudes aufgestellt wurde, wo die Schwestern wohnten. Von dort aus kann man das Museum betreten, das von den Schwestern in den unterirdischen Gewölben eingerichtet wurde. Es zeigt die Geschichte des Płocker Hauses, sein Leben und die Arbeit, wovon authentische Bilder und Exponate zeugen, aber vor allem die authentische Bäckerei, die die hl. Schwester Faustina aufsuchte und wo sie sicherlich auch manchmal arbeitete.
Im Kloster in Płock vernahm Schwester Faustina auch die Anweisung Jesu in Bezug auf die Einsetzung des Festes der Barmherzigkeit am ersten Sonntag nach Ostern. Aus ihrer Biographie und dem „Tagebuch” wissen wir, wie viel Mühe und Leiden sie ertragen musste, um diese und andere Anweisungen Jesu zu erfüllen. Hier jedoch, in diesem Kloster, begann diese „Leuchtspur”, auf der Jesus ihr nach und nach die prophetische Sendung anvertraute, die Welt an die Wahrheit von Seiner barmherzigen Liebe zu jedem Menschen zu erinnern.
Im Jahre 1950 verbrachten die kommunistischen Behörden die Schwestern aus dem Kloster in Płock in das Filialhaus in Biała, und das Kloster und die Anstalt „Schutzengel” wurden verstaatlicht. Nach 40 Jahren gelangten sie völlig heruntergekommen wieder in den Besitz der Kongregation, die dieses historische Objekt mit Hilfe der Stadtverwaltung und privater Spender wieder aufbauten. Mit Wiedereinzug der Schwestern und der Eröffnung der Kapelle begann an diesem Ort aufs Neue der Kult der Barmherzigkeit Gottes. Im Jubiläumsjahr (2000) erhob der Erzbischof Stanisław Wielgus diese Kapelle in den Rang des Diözensanheiligtums der Barmherzigkeit Gottes. Sie wurde zu einem Ort der Verkündigung und des Erbittens von Barmherzigkeit für die Welt, zum Ziel vieler Pilgerfahrten aus dem Inund Ausland. Heute ist an der Stelle der Offenbarungen der Bau einer Kirche für das Heiligtum geplant sowie entsprechende Einrichtungen für Pilger, für die Ausbildung von Aposteln der Barmherzigkeit Gottes und das Werk der Barmherzigkeit an Personen, die moralischer Hilfe bedürfen.
Sr. M. Elżbieta Siepak ISMM
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Botschaft der Barmherzigkeit, Nr. 66 (2008), S. 10-11
In Biała
Schwester Faustina wurde diesem Haus für einige Zeit im Jahr 1930 zugewiesen, als sie sich in Płock aufhielt. Man weiß, dass sie sich mit dem Schmücken der Kapelle beschäftigte und in dieser Pflicht Sr. Tekla vertrat. Eines Tages – notierte Sie im „Tagebuch” – brach ich die schönsten Rosen, um mit ihnen das Zimmer einer gewissen Person zu verzieren. Als ich zum Eingang kam, erblickte ich Jesus, der in diesem Eingang stand und mich freundlich fragte: „Meine Tochter, wem bringst du diese Blumen?” Mein Schweigen war für den Herrn eine Antwort, weil ich in diesem Augenblick erkannte, dass ich der Person auf sehr subtile Weise zugetan war, was ich vorher nicht bemerkt hatte. Sofort verschwand Jesus. Sofort warf ich die Blumen zu Boden und ging zum Allerheiligsten Altarsakrament mit einem Herzen voller Dankbarkeit für die Gnade der Selbsterkenntnis (TB 71).
Das Dorf Biała liegt 10 km von Płock entfernt. Dort hatte die Kongregation 1928 45 ha schlechtes Ackerland mit abgewohnten Gebäuden gekauft, um dort für das Kloster und die Anstalt „Schutzengel” in Płock eine landwirtschafliche Versorgungsbasis zu schaffen. Ein Jahr später wurden das renovierte Gebäude und die Kapelle geweiht und bildeten somit eine Filiale des Klosters in Płock. Dort wohnten die Schwestern, die die Landwirtschaft führten, mit den Zöglingen und belieferten Płock mit Getreide, Milch und Gemüse. Nach der Auflösung des Klosters in Płock und der Anstalt „Schutzengel” durch die kommunistischen Behörden wurden die Schwestern am 22. Juni 1950 nach Biała verbracht. In diesem Jahr wurde auch der Grund und Boden verstaatlicht, der der Kongregation in Biała gehörte, und nur ein kleiner Teil des Vermögens und der Gebäude verblieb in ihrem Besitz. Das Haus in Biała wurde somit zu einem eigenständigen Kloster (neues Gebäude), in dem mit der Zeit ein Haus für alleinstehende Mütter geschaffen wurde.
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10. CZĘSTOCHOWA
Der Bahnhof, das Kloster der Kongregation in der Św. Barbara-Straße 9/11 und Jasna Góra (Heller Berg) – das sind die Ort, die einst die Füße der hl. Schwester Faustina berührten. Zum ersten Mal kam sie dort hin, als sie gerade die heiligen Gelübde abgelegt hatte und von Krakau nach Wilna fuhr. Das war im Mai 1933. Ich hatte die Erlaubnis, in Częstochowa einzukehren – notierte Sie im „Tagebuch” – Zum ersten Mal erblickte ich die Gottesmutter, als ich um fünf Uhr morgens zur Enthüllung des Bildes kam. Ich betete ununterbrochen bis elf Uhr und hatte den Eindruck, eben erst gekommen zu sein. Die dortige Oberin schickte eine Schwester, die mich zum Frühstück holen sollte. Sie befürchtete, dass ich zu spät zum Zug komme. Die Muttergottes hatte mir vieles gesagt. Ich übergab ihr meine ewigen Gelübde. Ich fühlte, dass ich Ihr Kind bin und Sie mir Mutter ist. Nichts, worum ich bat, lehnte Sie ab (TB 260).
Zum zweiten Mal kam Schwester Faustina Anfang November 1935 hierher, als sie mit Sr. Antonina nach Exerzitien, die in Krakau abgehalten worden waren, nach Wilna zurückkehrte. Über diesen Aufenthalt hinterließ sie keine längere Notiz, nur die Information darüber, dass es ein Samstag war und dass sie vor dem Gnadenbild der Muttergottes im Kloster Jasna Gora gebetet hatte.
Częstochowa (Tschenstochau) entstand vermutlich im 11. Jahrhundert. Von 1370-1393 war es ein Lehen von Władysław von Oppeln, der 1382 das Paulinerkloster stiftete. Im Hinblick auf die Randlage des Klosters Jasna Góra und der Tatsache, dass es von Überfällen heimgesucht wurde, beschlossen die Wasa-Könige (die das Kloster in Częstochowa besonders lieb gewonnen hatten), es mit modernen Befestigungsanlagen mit Bastionen zu umgeben, die aus Jasna Góra eine der mächtigsten Festungen der Adelsrepublik machten. Jasna Góra war berühmt für seinen Sieg während der Schwedenüberfälle, als die Bemannung des Klosters unter Führung von P. Augustyn Kordecki den Angriff der übermächtigen schwedischen Armee zurückschlug. Der Kult der Muttergottes in Jasna Góra wurde immer stärker, deshalb galt Częstochowa jahrhundertelang als die geistige Hauptstadt Polens.
Am Fuße von Jasna Góra, in der Św. Barbara-Straße 9/11, befindet sich das Kloster der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit, in dem die Schwestern seit 1908 für Mädchen, die einer moralischen Erneuerung bedurften die „Betreuungsanstalt der Heiligen Jungfrau Maria” führten, mit der Zeit aber auch ein kleines Hotel für Pilger. In den Jahren des 2. Weltkrieges erlebten die Schwestern eine Umsiedlung, und nach dem Krieg wurden die zerstörte Kapelle und die übrigen Objekte wieder aufgebaut. In der Zeit des Kommunismus (1955) wurde die Erziehungsanstalt für Mädchen in eine Heil- und Erziehungsanstalt für geistig zurückgebliebene Knaben und Mädchen umgewandelt. Auf dem Gelände der Anstalt wurde eine Grundschule für sie eingerichtet, die auch geistig behinderte Kindern aus Częstochowa besuchten.
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11. WILNA
Auf den Spuren der hl. Schwester Faustina erreichen wir Wilna. Zum ersten Mal kam Schwester Faustina im Februar 1929 in diese schöne Stadt, um für vier Monate eine Schwester in der Küche zu vertreten, die zur dritten Probation fuhr, später, im Mai 1933, wurde sie zur Arbeit im Garten eingeteilt. Dieser zweite Aufenthalt dauerte fast drei Jahre und war äußerst wichtig für die Apostelin der Barmherzigkeit Gottes – nicht nur im Hinblick auf ihr geistiges Leben, sondern auch in Bezug auf ihre Sendung. Hier fand sie nämlich in der Person ihres Beichtvaters Prof. Michał Sopoćko die von Gott versprochene Hilfe und hier erhielt sie von Jesus wichtige Aufgaben.
Die erste historische Erwähnung von Wilna stammt aus dem Jahr 1323, als der Gründer des Großenfürstentums Litauen, Gediminas, eine hölzerne Burg errichtete und die Hauptstadt aus Troki hierher verlegte. Ihre Glanzzeit erlebte die Stadt unter den letzten Jagiellonen-Königen Zygmunt I. Stary (der Alte) und Zygmunt II. August. Damals entstanden die Münze, das Arsenal, die Mühle, die Brücke über die Wilejka, zahlreiche Krankenhäuser und Palais. Hier arbeiteten italienische Architekten und Bildhauer (Giovanni Cini, Giovanni Maria Padovano). Wilna wurde zu einer multinationalen Stadt (Litauer, Polen, Ruthenen, Juden, Deutsche, Italiener, Armenier, Tataren). 1579 gründete König Stefan Batory die von den Jesuiten geführte Akademie, aus der die Wilnaer Universität entstand.
Am Antakol
Die Schwestern siedelten sich dank des Wohlwollens der Fürstin Maria Michałowa Radziwiłł in Wilna an. Interessant sind die Umstände der Ortswahl für die spätere Stiftung für die Kongregation. Die Fürsten Radziwiłł sandte ihre Bevollmächtigte, Anna Kulesza, nach Wilna, die die Wahl des Objekts und seinen Kauf vornehmen sollte. Aus Sorge um die gewissenhafte Erfüllung dieser Pflicht begann sie, als sie zwischen zwei Lokalisationen schwankte, eine Novene an Jesus zu beten, wobei sie um ein deutliches Zeichen bat, das auf die richtige Ortswahl hindeuten sollte. In den ersten Tagen dieses Gebets hatte sie einen ungewöhnlichen Traum: sie sah, wie sie in der Kirche St. Peter-und-Paul vor der Gnadenfigur Jesu betete. Da bemerkte sie, dass Jesus aus der Kirche ging, sie die Senatorska-Straße entlang führte und, als Er anhielt, mit dem Finger auf das Anwesen des russischen Generals Bykowski deutete. Frau Kulesza, der der Pfarrer versichert hatte, dass dieser Traum das erwartete Zeichen sein konnte, um das sie den Herrn gebeten hatte, kaufte, ohne zu zögern, am 16. Februar 1908 dieses Anwesen für die Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit. Es befand sich am Antakol, einem Stadtteil von Wilna, der zu den am längsten bewohnten gehört. Der Antakol war berühmt für die wunderschönen Residenzen von Machthabern und Magnaten, unter denen die Adelsfamilien Sapieha und Słuszków erwähnenswert sind. Die Schwestern bezogen das gekaufte Haus in der Senatorska-Straß 25 (heute Grybo 29) schon im Mai 1908 und begannen das Haus an die Erfordernisse einer Büßerinnenanstalt anzupassen. Bereits ein Jahr später hielten sich in diesem Haus mehr als zwanzig Mädchen auf. Den bescheidenen Unterhalt sicherten die Wäscherei, die Bäckerei und die Stickereiwerkstatt. Schnell stieg auch die Zahl der Büßerinnen, zeitweilig waren es sogar sechzig. Gleichzeitig hatte das Haus ständig mit materiellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Bedingungen verschlechterten sich noch mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges, denn es gab wesentlich weniger Bestellungen für Erwerbsarbeiten. Außerdem brannte eines der Wohnhäuser nieder, und es gelang erst 1928, es wieder aufzubauen. Die Bedingungen im Haus in Wilna verbesserten sich in der Zwischenkriegszeit. Die Stiftung besaß einige bescheidene Gebäude, in denen sich eine Kapelle, Wohnungen für die Schwestern und ca. 90 Mädchen sowie die Werkstätten befanden. Das Haus erhielt sich vom Backen von Brot und dem Waschen von Wäsche für das Garnisonsspital sowie von der Bebauung einer mehrere Hektar großen Landwirtschaft und eines Gartens. Aber die Schwierigkeiten kehrten, vielleicht sogar ernster, während des 2. Weltkrieges zurück. Im September 1940 verstaatlichten die Behörten die Anstalt, die Schwestern kamen ins Gefängnis in Łukiszki, später fanden sie Arbeit in Krankenhäusern und bei Privatpersonen, auch außerhalb von Wilna (Wolokumpia). 1946 wurde das Haus der Kongregation aufgelöst und die letzten Schwestern kehrten als Umsiedlerinnen nach Polen zurück.
Eben während dieser wenigen ruhigen Jahre zwischen den Kriegen kam die hl. Schwester Faustina in das Wilnaer Haus. Als besonders wichtig erwies sich ihr zweiter Aufenhalt am Antakol. Sie kam unmittelbar nach den ewigen Gelübden an, am 27. Mai 1933, um als Gärtnerin zu arbeiten. Nach den Krakauer Räumlichkeiten machten die Klostergebäude in Wilna, wie sie im „Tagebuch” schreibt, den Eindruck „kleiner Bauernhütten”. Das Armseligste war eine hölzerne „Datscha”, in der sich drei Schlafräume für die Schwestern befanden, und auf der anderen Seite, mit einem eigenen Eingang, die Wohnung des Kaplans. Die neue Pflicht, die sie vorher niemals erfüllt hatte, war für Schwester Faustina keine geringe Herausforderung, aber sie verließ sich auf die Hilfe Gottes und die Ratschläge wohlmeinender Menschen. Eine größere Sorge war für sie die Erfüllung der Sendung, die ihr Jesus anvertraut hatte. Sie wartete auf den von Ihm versprochenen Priester, der ihr bei der Verwirklichung der übertragenen Sendung helfen sollte. Es erwies sich, dass dieser Prof. Michał Sopoćko war, der zu jener Zeit einmal in der Woche den Schwestern am Antokol die Beichte abnahm. Anfänglich war Prof. Sopoćko überrascht davon, was Schwester Faustina ihm sagte, er glaubte es nicht, schließlich unterzog er sie bestimmten Prüfungen, die sie viel kosteten. Er konsultierte auch die Oberin, Mutter Irena Krzyżanowska, was das Ordensleben der Schwester Faustina anbelangte, und bat um eine Untersuchung ihrer psychischen und physischen Gesundheit. Erst nachdem er anerkennende Beurteilungen und von Dr. Helena Maciejewska die Bescheinigung ihrer psychischen Gesundheit erhalten hatte, engagierte sich Prof. Sopoćko, mehr aus Neugier denn aus Überzeugung, dafür, das Bild des Barmherzigen Jesus malen zu lassen.
Nach der Erfüllung dieser Aufgabe offenbarte Jesus der Schwester Faustina die nächsten Aufgaben. Bei der Feierlichkeit der Sendung des Heiligen Geistes, am 9. Juni 1935, vernahm sie, als sie im Garten war, folgende Worte: „Du wirst gemeinsam mit deinen Mitschwestern Barmherzigkeit für euch selbst und für die Welt erbitten”. Anfangs war sie nicht sicher, ob sie die Worte Jesu gut verstanden hatte. Die Idee, eine neue Kongregation zu gründen, erschreckte Schwester Faustina und es begann für sie eine Zeit großer Leiden und passiver Nächte des Geistes. Gleichzeitig sollte sie auf Anweisung ihres Beichtvaters, der Vorgesetzten und des Erzbischofs Romuald Jałbrzykowski warten. Erst am Ende ihres Lebens verstand sie, dass es Jesus nicht nur um eine Ordensgemeinschaft ging, die die Barmherzigkeit verkünden und erbitten sollte, sondern um eine Bewegung in der Kirche, die tätige und kontemplative Orden, Priester und Scharen von Laien vereinen sollte. Heute wissen wir bereits, dass die Wilnaer Offenbarung zum Anfang der Apostolischen Bewegung der Barmherzigkeit Gottes wurde, die nun bereits auf der ganzen Welt existiert.
Im Wilnaer Haus fand auch ein anderes Ereignis statt, durch das uns Jesus das Gebet zum Beschwichtigen des Zornes Gottes schenkte. Am Freitag, den 13. September 1935, hatte Schwester Faustina in ihrer Zelle die Vision eines Engels, der gekommen war, um die Erde zu bestrafen. Sie begann inbrünstig zu beten, aber als sie vor der Herrlichkeit der Dreifaltigkeit stand, wagte sie es nicht, die Bitten um eine Abwendung der Strafe zu wiederholen. Da vernahm sie innerlich Worte, die sie betete und sah die Ohnmacht des Engels. Am nächsten Tag belehrte Jesus sie, auf welche Weise sie das Gebet, das wir Rosenkranz an die Barmherzigkeit Gottes nennen, sprechen sollte, und kurz darauf übermittelte Er Schwester Faustina große Versprechen, die Er an das vertrauensvolle Beten dieses Rosenkranzes knüpfte.
Während ihres Aufenthalts im Wilnaer Haus hatte Schwester Faustina vielleicht auch die Gelegenheit, die wunderschöne barocke Pfarrkirche St. Peter-und Paul zu besuchen, die 1668-1675 aus einer Stiftung des litauischen Großhetmans Michał Kazimierz Pac entstand, als Votivgabe für die Rettung des Lebens während der Lubomirski-Konföderation, einer Rebellion des polnischen Magnaten und Feldherrn Jerzy Sebastian Lubomirski gegen den polnischen König. Das Gebäude wurde von Jan Zaor aus Krakau entworfen. Im Inneren befinden sich ca. 2000 Skulpturen der führenden italenischen Künstler Pietro Perti und Giovanni Gala, aber auch Malereien von Michelangelo Palloni. Es ist eine der schönsten Kirchen in Wilna, an der man nicht vorübergehen darf, wenn man den Spuren der hl. Schwester Faustina in dieser Stadt folgt.
In der Rasu-Straße 6
Auf den Spuren der hl. Schwester Faustina setzen wir die Reise durch Wilna fort. Vom Antakol, wo das Kloster der Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit war, wechseln wir in das Zentrum der Stadt, um die Orte zu besuchen, die sich mit dem Aufenthalt der Apostelin der Barmherzigkeit und dem Werk verbinden, mit dem Jesus sie beauftragte. Zuerst lenken wir unsere Schritte in die Rasu-Straße 6, wo unter den Augen der Schwester Faustina das erste Bild des Barmherzigen Jesus gemalt wurde. Es geht um das Gebäude, das Kaplanshaus beim Kloster der Visitantinnen und der Herz Jesu-Kirche war. Dort wohnte in den 1930er Jahren im ersten Stock Prof. Michał Sopoćko, im Parterre dagegen der Maler Eugeniusz Kazimirowski. In der Nachkriegszeit war das Gebäude Bestandteil eines Gefängniskomplexes, heute leben dort die Schwestern des Barmherzigen Jesus.
Prof. Michał Sopoćko, der neugierig war, wie das Bild Jesu nach der Vision der Schwester Faustina aussehen würde, bat Eugeniusz Kazimirowski um das Malen dieses Gemäldes. Dieser im Wilnaer Milieu bekannte Maler hatte seine Ausbildung in Krakau in den Ateliers von Łuszczkiewicz, Axentowicz und Wyczółkowski absolviert sowie in Lemberg, München und Paris. Den letzten Schliff bekam er im Jahre 1900 in der Accademia di San Luca in Rom. Nach dem Jahre 1914 verband er sich auf Dauer mit Wilna und war langjähriger Dozent des Lehrerseminars, Theaterdekorateur und Mitglied des Vorstandes der Wilnaer Gesellschaft Unabhängiger Bildender Künstler. Er malte hauptsächlich Landschaften und Portraits, griff aber auch auf religiöse Themen zurück.
Mit dem Malen des ersten Bildes des Barmherzigen Jesus wurde Anfang Januar 1934 mit großer Diskretion begonnen. Um nicht die Aufmerksamkeit der Schwestern zu erregen – erinnerte sich die Oberin M. Irena Krzyżanowska – was die inneren Erlebnisse der Schwester Faustina betraf, besuchte ich jeden Samstag in den Morgenstunden mit ihr die heilige Messe beim Ostra Brama-Tor, und nach der Messe gingen wir bei dem Kunstmaler vorbei, dem Schwester Faustina genaue Informationen erteilte, wie er das Bild des barmherzigen Jesus malen sollte. Im Juni 1934 war das Bild des Barmherzigen Jesus fertig, aber Schwester Faustina war nicht damit zufrieden. Sie beklagte sich bei Jesus: Wer vermag Dich so schön zu malen, wie Du bist? Als Antwort vernahm sie: Nicht in der Schönheit der Farben oder des Pinselstrichs liegt die Größe dieses Bildes, sondern in Meiner Gnade (TB 313). Prof. Sopoćko brachte das Bild anfangs im Korridor des Bernhardinerinnen-Klosters bei der St. Michael-Kirche unter. Aber in der Karwoche erklärte Schwester Faustina entschieden, dass Jesus verlange, dieses Bild für die Zeit des Triduums zur Beendigung des Erlösungsjubiläums der Welt im Ostra Brama-Tor auszustellen. Alsbald erfuhr ich – erinnerte sich Prof. Sopoćko – dass jenes Triduum stattfinden würde, bei dem der Ostra Brama-Pfarrer, der Kanonikus Stanisław Zawadzki, mich eine Predigt zu halten bat. Ich erklärte mich einverstanden, unter der Bedingung, dass man jenes Bild als Dekoration im Fenster des Kreuzgangs aufhängen würde, wo es imponierend aussah und mehr Aufmerksamkeit auf sich zog als das Bild der Muttergottes. Schwester Faustina erlebte eine große Freude, als sie sah, dass die Wünsche Jesu erfüllt worden waren, denn das Bild wurde öffentlich verehrt, und das an dem Tag, der von Ihm zum Fest der Barmherzigkeit Gottes bestimmt worden war. Prof. Sopoćko hielt eine Predigt über diese größte Eigenschaft Gottes, und sie selbst sah, wie Jesus auf dem Bild lebendige Gestalt annahm und Seine Strahlen in die Herzen der Menschen drangen, die sich bei dieser Feierlichkeit versammelt hatten.
Im Ostra Brama-Tor
Nicht ohne Bedeutung ist auch der Ort, an dem das Bild des Barmherzigen Jesus zum ersten Mal ausgestellt wurde: das Heiligtum der Muttergottes der Barmherzigkeit im Ostra Brama-Tor. Dieses Tor wurde im 16. Jahrhundert zusammen mit der Stadtmauer als erstes Stadttor erbaut, durch das der Weg nach Miednik, Aschmjany und Minsk führte, weshalb es anfangs auch als Miedniker Tor oder Tor der Morgenröte bezeichnet wurde. Später nannte man es Ostra Brama (Spitzes Tor) – im Hinblick auf das Südende der Stadt, das eben als „scharf” bezeichnet wurde. Im Tor fand ein Bild der Muttergottes seinen Platz, das bereits im 17. Jahrhundert große Verehrung genoß. Seine Betreuung übernahmen die Karmeliten, die in der an das Ostra Brama-Tor grenzenden Theresienkirche ihren Dienst versahen. 1671 wurde eine hölzerne Kapelle erbaut, die nach knapp fünfzig Jahren niederbrannte. An ihrer Stelle errichtete man 1829 ein neues Gotteshaus aus Stein im neoklassizistischen Stil. Von der großen Liebe der Wilnaer zur Muttergottes im Ostra Brama-Tor zeugen u. a. die sehr zahlreichen Votivgaben. Bereits im 18. Jahrhundert erhielt die Muttergottes, vermutlich von der Goldschmiedezunft, ein schönes Kleid, das aus vergoldetem Silber gefertigt war. Im 20. Jh. wurde das Bild zweimal mit Papstkronen gekrönt, und der Muttergottes im Ostra Brama-Tor wurde der Titel „Mutter der Barmherzigkeit” verliehen.
Im März 1936 verließ Schwester Faustina Wilna für immer, aber Prof. Michał Sopoćko setzte ihre Sendung in dieser Stadt fort. Auf jede nur mögliche Weise bemühte er sich, die Andacht zur Barmherzigkeit Gottes zu verbreiten, vertiefte aber auch sein theologisches Wissen über ihr Geheimnis.
In Wilna gibt es also noch andere Ort, die nicht so sehr mit Schwester Faustina selbst verbunden sind, sondern viel mehr mit der Sendung, die ihr Jesus übertragen hatte. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Kirche des Erzengels Michael, weil dort von 1937 bis zur Schließung des Klosters im Jahre 1948 das Bild des Barmherzigen Jesus hing. An der Stelle dieser Kirche und des Bernhardinerinnenklosters befand sich einst ein mittelalterliches Palais der Familie Sapieha. Der litauische Großhetman und Wilnaer Wojewode Lew Sapieha hatte das Palais den Bernhardinerinnen geschenkt und das Gebäude an die Bedürfnisse des Klosters angepasst. In den Jahren 1594-1596 wurde beim Kloster die Kirche des Heiligen Erzengels Michael erbaut. 1933 unterzog man Kirche und Kloster einer Renovierung, bevor es 1948 leider geschlossen wurde. Seit 1956 fungiert es als Architekturmuseum.
Nach der Schließung der Kirche des hl. Michael wurde ihre Ausstattung, also auch das Bild des Barmherzigken Jesus, in die Heilig-Geist-Kirche verbracht. Ursprünglich war dies eine hölzerne Kirche, die unter König Władysław Jagiełło errichtet wurde. Nach einem Brand im Jahre 1441 wurde sie von Kazimierz Jagiellończyk wieder aufgebaut. Seit dem 16. Jahrhundert wurde die Kirche von den Dominikanern betreut, die Aleksander Jagiellończyk nach Wilna geholt hatte. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der nächste Umbau durchgeführt, dem die Kirche ihr heutiges Aussehen verdankt. Seit der Schließung des Klosters durch die Zarenregierung im Jahre 1844 fungiert das Kloster als Pfarrkirche. Im Innern befinden sich zahlreiche Fresken und Bilder, darunter das wertvolle Gemälde „Die Apotheose des Heiligen Geistes” aus dem 19. Jh. In dieser Kirche wurde das erste Bild des Barmherzigen Jesus aufbewahrt, zuerst als Depositum der Michaelskirche, seit 1985 wurde das Gemälde 20 Jahre lang im Seitenalter zur öffentlichen Verehrung ausgestellt.
Am 28. September 2005 wurde das Bild kraft einer Entscheidung des Wilnaer Metropoliten A. Backis in die Heilige-Dreifaltigkeits-Kirche verbracht. An dieser Stelle existierte schon im 15. Jahrhundert eine Kirche, die damals vermutlich aus Holz bestand. Es gibt keine gesicherten Informationen, wann die gemauerte Kirche errichtet wurde. 1536 stiftete Zygmunt I. bei der Kirche ein Spital. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wandelten die Behörden die Kirche in ein griechisch-katholisches Gotteshaus um, und nach dem Umbau verlor sie fast gänzlich ihr ursprüngliches Ausssehen. Hundert Jahr später wurde sie an die Katholiken zurückgegeben, die sie renovieren ließen. Heute ist die Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit ein Heiligtum der Barmherzigkeit Gottes.
Sr. M. Natanaela Czajkowska ISMM
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Botschaft der Barmherzigkeit, Nr. 68 (2008) und 69 (2009), S. 10-11.
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12. WALENDÓW – DERDY
In Walendów
Im November 1932 fuhr Schwester Faustina von Płock nach Warschau, um die „dritte Probation” zu absolvieren – eine Zeit der unmittelbaren Vorbereitung auf das Ablegen der ewigen Gelübde. Die Vorgesetzten schickten sie nach Walendów, weil sie vor dem Beginn dieser Ausbildungsphase achttägige Exerzitien abhalten sollte, die von P. Edmund Elter, einem Jesuiten, geleitet wurden. Dieser aufgeklärte Priester versicherte ihr als Erster, dass sie auf dem richtigen Weg war, dass ihre Offenbarungen von Gott kamen und dass Er selbst ihr eine große Sendung anvertrauen werde. Nach den achttägigen Exerzitien reiste Schwester Faustina aus Walendów ab. Zum zweiten Mal kam sie Ende März 1936 dort hin.
Das Vorwerk in Walendów war der Kongregation der Muttergottes der Barmherzigkeit von Graf Gustaw Przeździecki im Jahre 1896 gestiftet worden. Das Gelände umfasste ziemlich viel Grund und Boden, Teiche, eine Mühle, Wirtschaftsgebäude und ein Wohnhaus. Vom Zeitpunkt der Übernahme des Vorwerks an hielten sich dort einige Schwestern, die den landwirtschaftlichen Betrieb beaufsichtigten, ständig auf. Sie wurden von den Bediensteten des Vorwerks unterstützt, deren Lohn die Oberin aus dem nahe gelegenen Derdy bezahlte. 1908 begann der Bau einer Anstalt für Mädchen und eines Ordenshauses, in das die Schwestern erst im April 1913 einzogen, nachdem sie Derdy verlassen hatten. Während des 1. Weltkrieges wurde der landwirtschaftliche Betrieb völlig zerstört, die Anstalt war jedoch weiterhin tätig, und 1920 hielten sich dort mehr als sechzig Mädchen auf. Für die Not- wendigkeiten der Anstalt und des Vorwerks erbaute die Kongregation eine geräumige Kapelle, eigentlich eine Kirche, die am 12. September 1934 von Erzbischof Stanisław Gall geweiht wurde.
Von März 1936 an gab es in Walendów eine landwirtschaftliche Strafkolonie. Sie bestand aus Frauen vom 18.-30. Lebensjahr, die zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden waren und die das Justizministerium vor dem schlechten Einfluss rückfälliger Verbrecherinnen schützen und ihnen die Möglichkeit zu einem normalen Leben geben wollte. Der Tagesplan der Verurteilten sah Arbeit, Unterricht und Erholung vor. Die Bildung umfasste Lesen und Schreiben, Hygiene und Handarbeiten. Die Frauen verrichteten Hausarbeit, und im Frühling und Sommer halfen sie in der Landwirtschaft, im Obstgarten und bei den Bienenstöcken. Sie hatten ziemlich viel Freiheit und konnten sich intellektuell und physisch entwickeln. Eine große Rolle bei ihrer Erziehung spielten der Religionsunterricht und die Teilnahme an religiösen Praktiken. Die Tätigkeit der Kolonie wurde durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges unterbrochen, aber bereits im Jahre 1940 erschienen Frauen, die von den Gefängnisbehörden aus Warschau geschickt wurden. Von 1944 an schickten die Besatzer minderjährige Mädchen, die zur Unterbringung in einer Besserungsanstalt verurteilt worden waren. Während des Krieges schlossen sich die Schwestern der Flüchtlingshilfe an und versteckten auf den Gelände der Anstalt viele Personen, darunter auch solche jüdischer Herkunft. Während des Warschauer Aufstands besuchten sie zwei Monate lang das Durchgangslanger in Pruszków, um dort möglichst viele Personen herauszuholen. Sie belieferten sie auch mit Lebensmitteln und Kleidung. Wegen der großen Zahl der Flüchtlinge war die Arbeit in der Anstalt zur damaligen Zeit unmöglich. Den Schwestern gelang es niemals, völlig zu ihrer ursprünglichen Tätigkeit, dem Führen eines Hauses der Barmherzigkeit für Mädchen, zurückzukehren, weil das Landgut Walendów im März 1950 von der Staatskasse übernommen und die Einrichtung in eine Spezialanstalt für geistig behinderte Frauen umgewandelt wurde, um die sich die Schwestern bis 2006 kümmerten. Heute befindet sich in Walendów ein Familienkin- derheim, in dem die Kinder und Jugendlichen liebevolle Betreuung erfahren und sich auf das selbstständige Leben vorbereiten.
In Derdy
Kehren wir jedoch zu unserer Wanderung auf den Spuren der Sekretärin der Barmherzigkeit Gottes zurück. Nach einem mehrwöchigen Aufenthalt in Walendów (März-April 1936) wurde Schwester Faustina in das nahe gelegene Derdy geschickt. Sie war dort vorher im Jahre 1932 zu Besuch gewesen, im Anschluss an Exerzitien, die sie in Walendów abgehalten hatte. Als sie 1936 nach Derdy kam, wurde ihr die Pflicht anvertraut, die Mahlzeiten für einige Schwestern und mehr als dreißig Mädchen zu kochen. Den Aufenthalt in diesem Kloster betrachtete sie als Erholung, weil sie nicht allzu viele Beschäftigungen hatte. Zwei Stunden am Nachmittag widmete sie der Liegekur (eine damalige Methode der Tuberkulosebehandlung), und manche geistige Übungen konnte sie im nahe gelegenen Wald abhalten, wobei sie saubere und frische Luft atmete. Die Schwestern, die dort mit ihr zusammen waren, hinterließen schöne Erinnerungen an sie. Die damalige Oberin Sr. Serafina Kukulska erzählte nach Jahren: In der Küche hatte sie [Schwester Faustina] ein Mädchen zur Hilfe, eine Neubekehrte von sehr unangenehmer Wesensart, mit der nie jemand zusammenarbeiten wollte, und eben dieses Mädchen veränderte sich, als sie mit Schwester Faustina arbeitete, dass sie nicht wiederzuerkennen war. So einen stillen, aber göttlichen Einfluss hatte sie auf sündige Seelen.
Derdy ist das in historischer Abfolge dritte Haus der Kongregation in Polen. Es befindet sich ca. 10 km von Warschau entfernt in einer sandigen Gegend, die von Wäldern umgeben ist. Schwester Faustina beschrieb diesen Ort in ihrem Brief an Prof. Michał Sopoćko vom 10. Mai 1936: Unser Haus in Derdy ist wirklich wie aus dem Märchen. Es ist von Wald umgeben, und in der Nähe gibt es keine Bebauung, nur Ruhe und Frieden. Alles hilft dabei, den Geist zu sammeln: die Waldvögel unterbrechen diese Stille und preisen Gott mit ihrem Gezwitscher. In allem, was mich umgibt, sehe ich Gott. Den Grund und Boden in Derdy hatte Gräfin Maria Przeździecka, geb. Tyzenhauz der Kongregation geschenkt. Die Schwestern kamen dort im Dezember 1881 an und nannten die neue Wirkungsstätte Betreuungsheim St. Josef. Die Oberin wurde Mutter Aniela Popławska. Derdy sollte anfänglich ein Erholungshaus für die Schwestern und Mädchen aus dem Warschauer Haus sein. Es wurde jedoch sehr schnell selbstständig und führte ein eigenes Haus der Barmherzigkeit, in dem sich anfangs zwanzig Mädchen befanden, im Jahre 1906 jedoch bereits neunzig. 1913 mussten die Schwestern Derdy verlassen und übersiedelten mit neunzig Mädchen nach Walendów. Nach Derdy kehrten sie 1932 auf Einladung der Fürstin Zofia Świętopełk-Czetwertyńska zurück. Die Schwestern standen vor der Aufgabe, die während des Krieges zerstörten Gebäude zu renovieren. Nach zwei Jahren konnte man bereits die Kapelle weihen, in der von Zeit zu Zeit ein Kaplan aus Walendów oder der Pfarrer der Pfarrei in Magdalenka die heilige Messe feierte. Zu dieser Zeit war Derdy eine Filiale des Hauses in Walendów. Die Schwestern führten ein Haus der Barmherzigkeit für jüngere Mädchen, für die ein Unterricht auf Grundschulniveau organisiert wurde. Bis 1938 wurden privat gemeldete Mädchen aufgenommen, später auch diejenigen, die der Anstalt von der Sozialfürsorge der Stadt Warschau zugewiesen wurden. Nach dem 2. Weltkrieg, der eine sehr schwere Zeit in der Geschichte des Hauses gewesen war, entging Derdy nicht dem Schicksal von Walendów. 1950 wurde der landwirtschaftliche Betrieb verstaatlicht und die Anstalt in eine Einrichtung für geistig behinderte Mädchen umgewandelt. Nach der Auflösung dieser Anstalt eröffnete die Kongregation 1995 den Kindergarten „Morgenröte” und 1999 das Exerzitienhaus „Barmherzigkeit”.
Sr. M. Natanaela Czajkowska ISMM
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Botschaft der Barmherzigkeit, Nr. 70 (2009), S. 10-11.
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13. RABKA
Schwester Faustina kam am 29. Juli 1937 nach Rabka und blieb in diesem Haus der Kongregation bis zum 10. August 1937, also nur knapp zwei Wochen. Das Mikroklima von Rabka, das so vielen Menschen gut bekam, war Schwester Faustina nicht förderlich. Ich fühle mich hier gesundheitlich so schlecht, dass ich im Bett bleiben muss – notierte sie im „Tagebuch” (TB 1201). Mit ihrem Aufenthalt in diesem Kurort verbindet sich auch eine interessante Episode, über die sie in ihrem „Tagebuch” folgendermaßen schreibt: Der heilige Josef verlangte, ich solle mich ununterbrochen zu ihm hingezogen fühlen. Er sagte mir selbst, dass ich täglich drei Gebete und einmal das „Gedenke” beten solle. Er schaute voller Güte und gab mir zu erkennen, wie sehr Er das Werk befürwortet. Er versprach mir seine besondere Hilfe und Obhut. Jeden Tag verrichte ich die von ihm geforderten Gebete, und ich spüre seinen besonderen Schutz (TB 1203). An den Aufenthalt der Schwester Faustina in Rabka erinnert auch eine Tafel, die am Eingang zum Kloster angebracht wurde. Auch das Zimmer, in dem sie sich aufhielt, ist erhalten geblieben.
Rabka ist ein bekannter Kurort. Die Solquellen von Rabka waren bereits im 13. Jahrhundert bekannt und wurden wahrscheinlich für die Bedürfnisse des Klosters der Zisterzienser genutzt, denn Rabka lag auf dem Gelände ihrer Güter. Infolge von Untersuchungen wurde 1858 festgestellt, dass die örtlichen Solquellen zu den stärksten jod- und bromhaltigen Solquellen in Europa gehören. Deshalb wurde bereits 1864 die erste Bade- und Heilanstalt und acht Jahre später eine Kinderheilanstalt eröffnet. Das spezifische Mikroklima und die Heilwasser bewirkten, dass Rabka sich schnell entwickelte, insbesondere als Kurort für die Heilung von Erkrankungen der Atemwege und des Kreislaufs sowie der Tuberkulose.
In Anbetracht dessen kam auch die hl. Schwester Faustina nach Rabka. Sie wohnte im Haus der Kongregation in der Słowacki-Straße 12, das den Schwestern und Mädchen seit 1931 zu Erholungszwecken diente, aber nach kurzer Zeit auch zu einem Ort der Betreuung von Kindern wurde. Anfangs war das Haus „Loretto” in Rabka eine Filiale des Krakauer Klosters. Während des 2. Weltkrieges wurden die Schwestern von den Deutschen aus dem Haus „Loretto” ausgesiedelt, aber sie kehrten 1945 zurück und organisierten dort ein Kinderheim für 20 Mädchen, das 1962 aufgelöst wurde. Seit 1946 ist das Haus „Loretto” eine selbstständige Einrichtung der Kongregation, in der die Schwestern heute einen Kindergarten führen.
Übersetzt von Sabine Lipinska
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Die heilige Faustina/Auf den Spuren der hl. Schwester Faustina